Sehr geehrte Dividenden-Investoren,
in den USA sind die Aktienindizes wieder an ihren Höchstmarken angelangt. In Deutschland kämpft der DAX mit den 10.000 Punkten und der Preis für eine Feinunze Gold hat seit Anfang des Jahres gut 20 Prozent zugelegt. In den USA diskutiert man über eine Zinserhöhung und bei der EZB in Frankfurt hat man mit dem Ankauf von Unternehmensanleihen begonnen.
Die EZB kauft nun auch Unternehmensanleihen
Die Nachrichten sind widersprüchlich. Einerseits werden in den USA die Stimmen einer etwas restriktiveren Geldpolitik lauter, während bei der EZB das letzte Tabu gefallen ist und nun die Operation „Helikoptergeld“ anläuft. Wobei sich die EZB nicht dumm anstellt und die Ankäufe von Unternehmensanleihen nicht als Gelddrucken bezeichnet, sondern als notwendige Maßnahme zur Konjunkturstützung verkauft bzw. um der Deflation zu entkommen.
Es bleibt bloß die Frage, wem hilft es wenn die EZB Anleihen von Unternehmen wie Volkswagen oder dem französischen Telekommunikationsanbieter Orange aufkauft? Klar, das treibt die Kurse der Anleihen nach oben und gleichzeitig fallen die Renditen. Da könnte man auf die Idee kommen, dass einzelne Unternehmen durch die Ankaufprogramme der EZB bevorteilt werden. Wer entscheidet, welche Anleihen gekauft werden und nach welchen Kriterien?
Ökonomisch betrachtet wird nun nach dem Markt für Staatsanleihen auch der Markt für Unternehmensanleihen direkt durch die EZB verzehrt. Die Preise der Anleihen spiegeln in keinem Maße mehr das Risiko wider. Ich warte noch auf den Moment, wenn die EZB auch Aktien direkt aufkauft und die Dividendenrenditen auf null drückt. Dann kann man als Anleger wählen zwischen Minusrendite bei Staats- und Unternehmensanleihen und Nullrendite bei Aktien.
Wie ich schon letztes Jahr im April in „Der Wahnsinn hat System“ schrieb, befinden wir uns in einer der größten Vermögensumverteilungen der neueren Geschichte. Laut Berechnung der DZ Bank sind dem deutschen Sparer durch Nullzinsen bisher rund 343 Milliarden Euro entgangen.
Aber da man das Geld eh nicht auf dem Konto hatte, bemerkt man auch nicht, dass es weg ist. Der Aufschrei wäre viel größer, wenn wir ein normales Zinsniveau hätten und die 343 Milliarden Euro durch Steuern umverteilt werden müssten. Zum Vergleich, im Jahr 2015 zahlten alle Bundesbürger Einkommens- und Vermögenssteuern in Höhe von 348 Milliarden Euro. Wie weit man die Steuersätze anheben müsste und auf wie viele Jahre verteilt, um die 343 Milliarden Euro durch zusätzliche Steuereinnahmen zu decken, bleibt eine mathematische Spielerei.
Wohin fließt das Geld, das wir eh nicht auf dem Konto haben? Bisher ging es hauptsächlich an bankrotte Staaten und Banken in der Euro-Peripherie, aber auch an deutsche Landesbanken und Lebensversicherer. Sie alle werden mit Geld durch die EZB und die staatlichen Rettungsschirme am Leben gehalten. Nun hat die EZB die zweite Bazuka herausgeholt und stützt damit auch private Unternehmen aus der Realwirtschaft. Die Interventionsspirale ist in vollem Gange und dreht sich immer schneller.
Politische Risiken
Hinzu kommen die politischen Unsicherheiten durch die Abstimmung der Briten über den Verbleib in der EU und das abzusehende Kopf an Kopf Rennen zwischen Trump und Clinton beim US Wahlkampf um das Präsidentenamt. Auch in China scheint die Wirtschaft immer mehr abzuschmieren und selbst Saudi-Arabien sieht sich genötigt am internationalen Kapitalmarkt um Geld zu bitten.
Insgesamt herrscht eine interessante Gemengelage, die viel Spannungen und damit auch Volatilität an den Kapitalmärkten verspricht. Für Anleger, die auf Kaufen und Halten vertrauen, kann es gefährlich werden. Für Spekulanten ist Volatilität eine Goldgrube.
George Soros meldet sich zurück
George Soros, der sich eigentlich schon aus dem aktiven Geschäft verabschiedet hatte, ist längst wieder unter die Spekulanten gegangen. Soros wurde 1992 berühmt, als er gegen das britische Pfund wettete und damit Großbritannien zum Austritt aus dem europäischen Wechselkursregime zwang, zuvor aber noch einen Gewinn von einer Milliarde US Dollar verbuchen konnte. Laut Berichten des Wallstreet Journals soll Soros über seinen Fonds Aktien abgestoßen und Goldminen-Anteile gekauft haben. Auch der in der Szene bekannte Hedgefonds Manager Stanley Druckenmiller, der seit Beginn seiner Karriere in den 1980er Jahren eine Rendite von 30 Prozent pro Jahr erreichte, wies in einer sehr apokalyptischen Präsentation auf die Risiken im weltweiten Finanzsystem hin und bestätigte implizit sein Goldengagement.
Ein Depot für alle Szenarien?
Ich persönlich teile die Einschätzungen von Soros und Druckenmiller, jedoch lehrt der Finanzmarkt Demut, wenn man mit dem eigenen Geld spekuliert bzw. investiert. Denn so gut die Analyse auch sein mag, der Markt kann immer noch eine andere Richtung einschlagen, als man vermutet hat. Daher sollte man sich als Anleger auf unterschiedliche Szenarien einstellen und die eigene Depotausrichtung genau analysieren. Nachfolgend, die drei (vier) größten Szenarien, die ich mir vorstellen kann.
- Das Vertrauen in die Notenbanken bröckelt und die Marktteilnehmer erkennen, dass eigentlich nur heiße Luft produziert wurde. Die Kurse für Aktien und Anleihen sinken. Die Zinsen steigen. Lösung: Cash zum Einkauf von Dividenden-Aktien
- Die Notenbanken setzen ihre Ankaufprogramme fort, ruinieren die Währungen und erzeugen hohe Inflation, die auch in den Verbraucherpreisen sichtbar wird. Lösung: Gold und Dividenden-Aktien
- Das Szenario der Stagflation – hohe Inflation und niedriges Wachstum. Lösung: Gold (siehe Goldpreisentwicklung der 1970er)
- Globale Finanzkrise: Lösung: ???
Wichtig ist es, dass man als Aktienanleger zurzeit auf ein paar Prozentpunkte Rendite verzichten sollte und dem Markt eher fern bleibt als auf große Einkaufstour zu gehen. Kann man diese Disziplin aufbringen, werden sich in den nächsten Monaten bis Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr profitable Anlagemöglichkeiten ergeben.
Es bleibt spannend,
Ihr Patrick Schubert