Sehr geehrte Dividenden-Investoren,
zurzeit rappelt es gewaltig an den Finanzmärkten. Seit meiner letzten Kolumne vom 5. Januar gingen die Aktienmärkte weiter auf Tauchstation. Der Dax büßte seit Jahresbeginn noch einmal 10 Prozent ein und kämpft nun mit der 9.000er Marke. Auch an der Wallstreet wird die Stimmung zusehends düsterer.
Denn trotz der von vielen beschworenen Erholung der Konjunktur nach der großen Finanzkrise von 2008 waren die letzten 8 Jahre an den Märkten sehr stark geprägt durch die massiven geldpolitischen Interventionen der Zentralbanken.
Zu hohe Bewertungen
Seit dem Frühjahr 2015 habe ich gewarnt, dass die Kurse in Europa und den USA zu hoch sind. Egal welches Bewertungskriterium man sich anschaute, Shiller KGV, Dividendenrendite, Buffett Index oder Tobins Q, sie alle signalisieren seit Jahren ein zu hohes Bewertungsniveau.
Gleichzeitig waren die Nachrichten aus der Realwirtschaft alles andere als positiv. Der Baltic Dry Index, ein Indikator für den weltweiten Handel, ist seit Monaten im freien Fall und ist mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit Aufzeichnungsbeginn angekommen. Damit ist der weltweite Handel praktisch zum Stillstand gekommen.
Trotz massiver Geldspritzen der Notenbanken kam die Realwirtschaft seit 2011 nicht mehr wirklich in Fahrt. Die Umsätze und Gewinne vieler konjunktursensibler Unternehmen stagnieren bzw. fallen seit Jahren. So vermeldet der Industrieausrüster Caterpillar seit mehr als 37 aufeinanderfolgenden Monaten sinkende Umsätze – einmalig in der mehr als 90-jährigen Firmengeschichte.
Es war nur eine Frage der Zeit, wann es zu einer Korrektur kommen würde. Leider lässt sich der genaue Zeitpunkt nie bestimmen. Die Zeichen waren spätestens seit dem Frühjahr 2015 auf Sturm gestellt, alle Daten und Analysen waren auf dem Tisch. Nur werden diese in steigenden Märkten nicht von den Anlegern wahrgenommen.
Erst jetzt reagieren die Börsen und hinterfragen den Status quo. Insbesondere die Solidität der Banken gerät wieder stärker in den Fokus. So gab die Aktie der Deutschen Bank seit Januar um 30 Prozent nach und lässt Erinnerungen an Lehman Brothers wach werden.
Die Social-Media-Blase platzt
Die Auswirkungen der Politik des billigen Geldes ließen seit 2011 die Aktien der Social-Media Unternehmen in ungeahnte Höhen steigen. Alles erinnert sehr stark an die Internetblase zur Jahrtausendwende. Wer zum Börsengang 2011 die Aktie des sozialen Netzwerks LinkedIn gekauft hatte, konnte, vorausgesetzt man verfügte über eine große Portion Optimismus und stieg zum richtigen Zeitpunkt aus, seinen Einsatz vervierfachen.
Wer noch im November 2015 bei 250 US Dollar einstieg und auf ewiges Wachstum hoffte, steht jetzt vor einem Scherbenhaufen. Die Aktie brach am 5. Februar um 50 Prozent ein und vernichtete auf einen Schlag 14 Mrd. US Dollar an Marktkapitalisierung. Aus dem Luftschloss LinkedIn entweicht die heiße Luft. Aber auch die derzeitige Bewertung ist für ein Unternehmen, das keine Gewinne schreibt und nur durch die Luftschloss-Theorie getragen wird, immer noch extrem hoch.
Der Bärenmarkt ist da
Trotz des Sturms im Wasserglas halten sich die amerikanischen Indizes relativ stabil, während deutsche Aktientitel, die nicht unbedingt zu den stark überbewerteten Aktien gehören, viele Federn lassen mussten. Es scheint, als hätte der Sturm gerade erst begonnen und wir bewegen uns langsam aber sicher auf einen Bärenmarkt zu. Bärenmärkte sind tückisch und unberechenbar – mal fällt eine Aktie um 12 Prozent am nächsten Tag steigt sie wieder um 10 Prozent und so weiter. Diese Schwankungen zerren an den Nerven der Anleger und bieten den Zündstoff für Verkaufswellen, weil man irgendwann das ständige Auf und Ab nicht mehr erträgt. In der Tendenz geht es dann eher nach unten.
Erste Kaufgelegenheiten?
Für langfristige Investoren ergeben sich jetzt die ersten Kaufgelegenheiten. Gerade die konjunkturell sensibleren Unternehmen wie zum Beispiel der Mischkonzern Emerson Electric (EMR) oder der Dieselhersteller Cummins (CMI) sind nach Kursverlusten interessante Investments. Beide locken mit Dividendenrenditen von um die 4 Prozent und dürften langfristig ein gutes Geschäft sein. Aber Vorsicht, die Kurse können auch hier noch weiter abrutschen, obwohl beide Aktien seit ihren Höchstständen im Jahr 2015 etwa 30 Prozent eingebüßt haben. Der kurzfristige Gegenwind kann sehr stark werden und verlangt bei einem Einstieg ein starkes Nervenkostüm.
Daher sollte man, wenn man investieren will, aktuell nur mit kleinen Beträgen einsteigen und abwarten. Fallen die Kurse weiter, kauft man vorsichtig nach. Dreht der Markt wieder nach oben, lässt man es! Wichtig dabei ist, die eigenen Emotionen im Griff zu haben und den langen Atem zu bewahren.
Bei den weniger stark von der Konjunktur abhängigen Unternehmen wie zum Beispiel Coca Cola (KO) sieht die Lage anders aus. Die Aktie des Getränkeherstellers hat kaum nachgegeben und ist aktuell nicht billig zu haben. Es scheint fast, als ob die Risikoscheu der Anleger steigt und man in die letzten als sicher geltenden Aktien umschichtet – Coca Cola zählt sicherlich in diese Kategorie. Die Aktie lockt Anleger seit Jahren mit steigenden Dividenden. Obwohl wir uns als Investoren über steigende Dividenden freuen, bereiten die seit 2011 stagnierenden Umsätze und Gewinne etwas Stirnrunzeln, denn mittlerweile liegt die Ausschüttungsquote bei stolzen 82 Prozent. Okay, Coca Cola hat immer noch ein Investment Grade Rating, aber selbst den Ratingagenturen ist aufgefallen, dass Coca Cola zunehmend Investitionen und Dividenden über eine steigende Verschuldung finanziert. Coca Cola ist daher zurzeit kein interessantes Investment, welches einen Kauf rechtfertigen würde, zumindest nicht bei dem aktuellen Preis.
Insgesamt setzt sich die turbulente Entwicklung des Jahresbeginns fort und lässt so einige Aktien nach unten purzeln. Für langfristige Investoren ergeben sich nun wieder interessante Kaufgelegenheiten, wenn man den nötigen langen Atem mitbringt. Dennoch sollte man vorsichtig agieren, denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass wenn der Stein erst einmal richtig ins Rollen gerät, die Kurse schnell noch weiter zu Boden sinken können.
Es bleibt spannend,
Ihr Patrick Schubert