Im Silicon Valley geht es schnell nach unten und nach oben. Als die Silicon Valley Bank am Donnerstag wegen einer überraschend angekündigten Kapitalerhöhung an der Börse abstürzte, löste dies einen Bankrun aus, der die Bank bereits ein Tag später pleite gehen lies und die Bank wurde von offiziellen Stellen übernommen. Selbst Pessimisten dürfte diese Geschwindigkeit überrascht haben, zumal die Silicon Valley Bank keine kleine Bank ist und die 2. größte Pleite in der US-Geschichte.
Zwar ist die Bank mit ihren Fokus auf Techfirmen (Und deren Gründern) und schlechtem Risikomanagement besonders, aber trotzdem zeigt sich, dass die hohen Zinsen nun auch als Risiko im Bankensektor angekommen sind.
Das Problem der Bank war, dass sie sich nicht gegen Zinsänderungen abgesichert hat und ihre stark gestiegenen Einlagen in langfristigen Anleihen angelegt hat, die nun stark an Wert verloren haben. Da nun Firmen zunehmend ihre Einlagen abzogen, da sie das Geld brauchten, das Risiko sahen oder einfach höhere Zinsen am Geldmarkt erzielen wollten (Tipp: Wer mit den Zinsen seiner Bank unzufrieden ist, kann z.B. auch hier 2% erzielen oder in seinem Wertpapierdepot einen Geldmarkt ETF kaufen), kam es zu einem Liquiditätsengpass:
Dieser Verlust an Einlagen erschöpfte die Cashreserven und bei den verkauften Wertpapieren wurden Verluste erzielt, die das Eigenkapital schmälerten und eine Kapitalerhöhung nötig machten. Die anderen Aktiva hätten in so kurzer Zeit nicht ohne weitere Wertverluste verkauft werden können. Ähnlich wie im Film Margin Call wurde das Eigenkapital der Bank negativ und der Staat musste übernehmen. Man sollte aber nicht vergessen, dass die Silicon Valley Bank keine Investment Bank ist und die Probleme mehr mit dem Bank Run zu tun haben. Es ist also mehr ein timing/ Liquiditätsproblem als schwarzes Loch an Derivaten etc. Die Unterdeckung beim Eigenkapital dürfte also nicht besonders groß sein und könnte auch gar nicht vorhanden sein.
Der Bank Run war besonders schnell, da die Einlagen vor allem von Firmen kamen, die nur bis 250.000 Dollar versichert sind und auch dadurch natürlich schneller reagieren als ein Privatanleger.Trotzdem ist dies einer der Gründe, warum man auch als Privatinvestor mehrere Bankkonten haben sollte (Tipp: Beste Broker 2023 hier).
Es ist noch zu früh und die Sache auch zu komplex um einfache Schlussfolgerungen zu ziehen. Für den Gesamtmarkt kann es aber auch positive Auswirkungen haben, da der FED nun klar ist, dass weitere Zinserhöhungen extrem gefährlich sind und die Gefahr besteht, dass weitere Banken wegen der nun diskutierten Problematik ähnliche Probleme bekommen, auch wenn die Silicon Valley besonders war. Davor hieß es, dass die Fed weiter hawkish ist, bis die Inflation klar unten ist oder etwas kaputt geht.
Nun ist etwas kaputt gegangen und auch die Inflation kommt herunter, wie es nicht nur Truflation heute mit 4,6% ausweist, und damit erstmals seit langen unterhalb der FED Zinsen von 4,75%.
Wenn die Inflationsdaten am Dienstag also positiv überraschen würden, sollte es zu einer Zinspause kommen und erstmals auch keinen weiteren erwartete Schritt um weitere 0,25%. Dies wäre insgesamt positiv für Aktien und würde den Dollar schwächen, was Schwellenländern wieder helfen sollte. Der viel diskutierte FED Pivot dürfte also näher gerückt sein.
Viel hängt aber davon ab, was heute am Sonntag noch passiert. D.h. wie stark hilft der Staat und springt ein oder wird die Bank von JPM oder einer anderen großen Bank günstig übernommen. Dann könnte es auch schnell eine Erholung geben.
Aber auch in einem Worst Case Szenario, dass es zu einem Teilverlust von Einlagen kommen würde, wäre das bei guten Firmen eine verkraftbare einmalige Sache und würde bei schlechten Firmen wohl die Sache nur beschleunigen. Auch wenn die Schlagzeilen schlecht sind, könnte es einmal mehr lauten, dass bad news good news sind und diese Woche und Freitag gute Kaufgelegenheiten wären.
Es bleibt spannend. Eine schöne Woche wünscht
Philipp Haas