Man kann es gar nicht mehr hören, das ewige Gezerre um Griechenland, das im Juni die Märkte dann doch belastete, auch wenn die starken Schwankungen auch dadurch zu klären sind, dass man sich in der schwächeren Börsenzeit findet und nach dem starken Anstieg Anfang des Jahres Gewinnmitnahmen einsetzten und die Angst einer Zinswende nach wie vor präsent ist.
Man darf aber die mediale Aufmerksamkeit von Griechenland, nicht mit der realen wirtschaftlichen Bedeutung verwechseln, denn das Land hat weniger Einwohner als Bayern und eine geringere Wirtschaftskraft als Hessen. Außerdem ist der Großteil der ausstehenden Schulden in der Hand der Steuerzahler und die europäischen Banken hatten inzwischen fünf Jahre lang Zeit Staatsanleihen und ausstehende Kreditsicherungsgeschäfte für Griechenland abzubauen und sind auch mit einer höheren Eigenkapitalquote als noch vor einiger Zeit ausgestattet. Ein Kreditausfall von Griechenland ist also für die Wirtschaft von keiner großen Bedeutung, da Griechenland für nur 2 % der Wirtschaftsleistung der EU steht und sinkende Exporte nach Griechenland verkraftbar scheinen, und durch die niedrigen Euro Kurs mehr als aufgefangen werden.
Das einzige Risiko ist ein Ausbreiten der Krise auf andere südeuropäische Länder, was derzeit sehr gering erscheint, aber bei einer Machtübernahme der Linkspopulisten in Spanien durchaus möglich wäre. Deswegen waren gerade auch die Südeuropäer und ärmeren Osteuropa Staaten für eine harte Linie gegenüber Griechenland, damit Zuhause linke populistische Oppositionsparteien nicht gestärkt werden und keiner den Anreiz hat sich möglichst „dumm anzustellen“ um danach Schulden erlassen zu bekommen.
Die Auswirkungen der Märkte auf den Zahlungsausfall von Griechenland beim IWF, was davor nur Zimbabwe, der Sudan und Somalia geschafft haben sind außerdem überschaubar, denn das schwierigste in den letzten Wochen war die Unsicherheit, wie es überhaupt weitergeht, weswegen viele Anleger an den Seitenlinien blieben. Sobald die eine oder andere Lösung sich abzeichnet wird ein großer Teil der Investoren auch wieder kaufen, denn an den Grundvoraussetzungen der Attraktivität des Aktieninvestments hat sich nichts geändert, da der Eurokurs und die Zinsen weiterhin niedrig sind.
Bei den gescheiterten Verhandlungen ging es auch nicht um ein paar 100 Million € mehr oder weniger, sondern Griechenland wollte sowohl mit der alten als auch den neun linken Regierung Reformen vor allem verweigern, die auch kein Geld kosten. Meiner Meinung nach war die Entscheidung von Tsipras für ein Referendum einerseits politisch äußerst ungeschickt, andererseits auch die ideale Möglichkeit um endlich einen Schlussstrich zu ziehen und die Verhandlungen beenden zu können. Langfristig wird dadurch der Euro gestärkt, da klar ist, dass man sich nicht alles erlauben kann um bestimmte Bedingungen auch eingehalten werden müssen. Das Grundproblem liegt allerdings darin, dass es zu einer Währungsunion gekommen ist, ohne eine politische Union, was aber auch eine positive Lehre der Krise sein kann.
Was jetzt in Griechenland passiert, weiß keiner so genau, aber für mich gibt es zwei einigermaßen wahrscheinliche Szenarien. Wenn die Griechen beim Referendum ja zu den Reformen stimmen, müsste die griechische Regierung zurücktreten und eine neue Regierung wurde schnell zu einer Übereinkunft mit der Troika kommen. Wenn gegen die Reformvorschläge gestimmt wird, werden die Nothilfe für die griechischen Banken gekappt, die danach Insolvenz anmelden müssten. Zwar wäre Griechenland juristisch dann noch im Euro, jedoch ist wahrscheinlich, dass eine Zweitwährung eingeführt wird und der Euro parallel dazu im Lande existiert. Dann kann es auch zu einer humanitären Katastrophe kommen, wo die EU direkt mit Hilfsgütern wohl helfen würde aber an Syriza ein Exempel statuieren müsste.
Es bleibt also interessant, auch wenn die Auswirkungen von Griechenland in den Kursen inzwischen enthalten sind. Oberstes Ziel von der EZB und Europa ist es daher sein, jegliche Auswirkung auf andere südeuropäische Länder kein zu ersticken.
Viel Sonne wünscht
Philipp Haas