Die Cantourage Group hat sich in den letzten Jahren als führendes Unternehmen in der europäischen Cannabis-Industrie etabliert. Unter der Leitung von CEO Philipp Schetter verfolgt das Unternehmen einen innovativen Ansatz, der die Herstellung und den Vertrieb von medizinischem Cannabis revolutioniert hat. In einem Gespräch gewährt Schetter Einblicke in die Entstehung, die Geschäftsstrategie und die Zukunftsperspektiven des Unternehmens.
Der Ursprung des Namens und die Mission
Der Name „Cantourage“ ist eine Kombination aus „Cannabis“ und „Entourage“. Letzteres verweist auf zwei zentrale Aspekte: Zum einen beschreibt es das langjährige Zusammenwirken des Gründer- und Management-Teams, das seit 2016 in der Cannabis-Branche aktiv ist. Zum anderen spielt der Begriff auf den sogenannten Entourage-Effekt an – das Zusammenspiel verschiedener Wirkstoffe der Cannabispflanze, wie THC, CBD und weniger erforschten Komponenten, die gemeinsam den therapeutischen Nutzen verstärken. Der Name ist bewusst gewählt: Er ist einprägsam, wenn auch zunächst ungewohnt, und bleibt im Gedächtnis.
Die Cantourage Group konzentriert sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Arzneimitteln auf Basis von Cannabis, die in Apotheken in ganz Europa verkauft werden. Dabei hat das Unternehmen ein bahnbrechendes Geschäftsmodell entwickelt: Anstatt den Anbau selbst zu übernehmen, trennt Cantourage die Produktion von der Rohstoffbeschaffung. Hochwertiges Cannabis wird von spezialisierten Anbauern weltweit bezogen, in Deutschland verarbeitet und europaweit vertrieben. Diese Trennung ermöglicht es, die besten Rohstoffe zu nutzen und gleichzeitig die strengen regulatorischen Anforderungen an Medizinprodukte zu erfüllen.
Ein innovatives Geschäftsmodell
Schetter vergleicht den Prozess mit der Apfelsaftproduktion: „Wir kaufen die besten Äpfel weltweit, kontrollieren die Qualität, verarbeiten sie zu Apfelsaft und verkaufen diesen in ausgewählten Bioläden – oder in unserem Fall Apotheken.“ In Deutschland, wo Cantourage einen Produktionsstandort in Bayern betreibt, werden qualitätsrelevante Schritte wie Trocknen, Trimmen, Keimreduktion und Verpacken durchgeführt. Jeder Schritt ist streng dokumentiert, um die hohen Standards der Pharmaindustrie zu erfüllen. Aufgrund der hohen Nachfrage hat das Unternehmen zudem eine Partnerschaft mit einem Lohnhersteller in Portugal geschlossen, um die Kapazitäten zu erweitern.
Dieses Modell hebt Cantourage von der Konkurrenz ab. Während traditionelle Anbieter oft integrierte Lieferketten nutzen, arbeitet Cantourage mit erstklassigen Anbauern in Ländern wie Kanada, Südamerika oder Australien zusammen. Dadurch kann das Unternehmen auf eine breite Palette an Rohstoffen zugreifen, die von kleineren Anbauern oft nicht in Medizinprodukte umgewandelt werden könnten. „Wir sind ein Aggregator, der die Herstellung und den Vertrieb für diese Anbauer übernimmt“, erklärt Schetter.
Marktführerschaft und Expansion
Cantourage ist in mehreren europäischen Ländern aktiv, darunter Großbritannien, Polen, Österreich, die Schweiz, Tschechien und Dänemark. Besonders in Deutschland, dem größten Markt für medizinisches Cannabis in Europa, hat das Unternehmen eine starke Position. Seit der Teil-Liberalisierung 2023, durch die Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel gilt, ist die Verschreibung und Abgabe in Apotheken einfacher geworden. Dies hat zu einem Boom geführt, von dem Cantourage profitiert. Das Unternehmen ist Marktführer im Bereich Dronabinol (reines THC, vor allem für Palliativpatienten) und gehört zu den führenden Anbietern von Cannabis-Blüten im Premium-Segment.
Die Produktpalette umfasst verschiedene Marken, die oft von den Anbaupartnern stammen, wie bekannte Namen aus Kanada (z. B. Lot 420 oder Green Karat). Diese Marken haben bereits eine starke Reputation, die Cantourage in Europa nutzt, anstatt eigene Marken von Grund auf aufzubauen. „Wir nutzen die Brand Equity unserer Partner“, sagt Schetter. Dies stärkt die Marktposition und spricht sowohl Ärzte als auch Patienten an, die Wert auf konsistente Qualität legen.
Herausforderungen und Chancen
Trotz des Erfolgs steht die Branche vor Herausforderungen. In Deutschland bleibt medizinisches Cannabis rezeptpflichtig, und die Verschreibung hängt von der Offenheit der Ärzte ab. Cantourage setzt daher auf Aufklärung und Telemedizin-Angebote wie Telecan, um den Zugang zu erleichtern. Über digitale Plattformen können Patienten Rezepte erhalten und direkt an Versandapotheken weitergeleitet werden, was die Nutzererfahrung verbessert.
Ein weiteres Thema ist die potenzielle Freizeit-Liberalisierung. Während der medizinische Markt stark wächst, stockt die Umsetzung von Cannabisclubs und Fachgeschäften in Deutschland. Schetter sieht darin jedoch eine Chance: „Jeder Freizeitmarkt, der sich öffnet, wäre für uns spannend, aber der medizinische Markt ist bereits so attraktiv, dass wir uns keine Märkte erfinden müssen.“ Mit einem geschätzten Schwarzmarkt von 400 Tonnen allein in Deutschland zeigt sich das enorme Potenzial.
Finanzielle Perspektiven und Börsenentwicklung
Cantourage ist profitabel und wächst rasant. Für 2025 prognostiziert der Konsensus Umsätze von 84,8 Millionen Euro (65 % Wachstum) und ein EBITDA von 8 Millionen Euro. Dennoch steht die Aktie unter Druck, was Schetter auf mehrere Faktoren zurückführt: geringe Liquidität, ein nachlassender Hype um Cannabis-Aktien und ein schwieriges Umfeld für Small- und Micro-Cap-Unternehmen in Deutschland. Zudem belasten Abschreibungen aus der Umstellung von einer GmbH zu einer SE die Bilanz nach HGB, obwohl diese nach IFRS anders bewertet wären.
Schetter bleibt optimistisch: „Wir wachsen stärker als der Markt, sind profitabel und gut diversifiziert.“ Neben Deutschland sollen Länder wie Spanien, Frankreich oder Italien in den nächsten Jahren neue Märkte eröffnen. Langfristig strebt Cantourage an, in allen Zielmärkten Marktführer zu bleiben und neue Produktformate wie Öle oder alternative Darreichungsformen zu etablieren, auch wenn die Blüte und Dronabinol derzeit dominieren.
Fazit
Die Cantourage Group ist eine europäische Erfolgsgeschichte mit Wurzeln in Deutschland. Mit einem innovativen Geschäftsmodell, einer klaren Fokussierung auf Qualität und einer starken Marktposition ist das Unternehmen bestens aufgestellt, um vom wachsenden Markt für medizinisches Cannabis zu profitieren. Trotz regulatorischer und börsenbedingter Herausforderungen bietet Cantourage Investoren eine attraktive Kombination aus Wachstum, Profitabilität und Zukunftspotenzial. Wie Schetter betont: „Wir haben viel erreicht, aber das Beste kommt noch.“
Hinweis: Dieser Artikel enthält keine Anlageberatung. Potenzielle Investoren sollten eigene Recherchen durchführen. Es bestehen Interessenskonflikte, da der Autor indirekt in Cantourage investiert ist.