Die Exasol AG gehört zu den wenigen echten Hightech-Unternehmen an der deutschen Börse. Unter der Leitung von CEO Jörg Tewes hat sich das Unternehmen auf leistungsstarke Datenbanksysteme spezialisiert, die Unternehmen bei der Analyse großer Datenmengen unterstützen. In einem Interview gibt Tewes Einblicke in die Strategie, die Technologie und die Zukunftsperspektiven von Exasol.
Vom Silicon Valley zurück nach Deutschland
Jörg Tewes, seit Januar 2023 CEO von Exasol, bringt eine beeindruckende internationale Erfahrung mit. Nach 15 Jahren im Silicon Valley, wo er in Führungspositionen bei Amazon, Logitech und als CEO eines Venture-backed Startups tätig war, kehrte er nach Deutschland zurück. Seine Karriere begann als Softwareentwickler, unter anderem bei der deutschen Datenbankfirma Poet Software, die 1999 an die Börse ging. Diese Expertise im Datenbankbereich führte ihn zu Exasol, wo er kürzlich seinen Vertrag bis 2028 verlängerte. „Ich bin begeistert, Exasol auf dem Weg zu weiterem Wachstum und Profitabilität zu begleiten“, sagt Tewes.
Was macht Exasol?
Exasol entwickelt In-Memory-Datenbanksysteme, die für die Analyse großer Datenmengen optimiert sind. Diese Systeme ermöglichen Unternehmen, komplexe Datenanalysen (Business Intelligence) schnell und skalierbar durchzuführen, um Geschäftsprozesse zu optimieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Im Gegensatz zu transaktionalen Datenbanken, die für die Erfassung von Daten genutzt werden, speichert Exasol Daten für analytische Zwecke – oft in privaten Rechenzentren oder hybriden Cloud-Umgebungen, wo Datensouveränität eine zentrale Rolle spielt.
Die Technologie basiert auf einer In-Memory-Architektur, bei der Abfragen im Hauptspeicher verarbeitet werden. Dies sorgt für hohe Performance und Skalierbarkeit, selbst bei großen Datenmengen und parallelen Nutzeranfragen. „Wir bieten Kunden eine Lösung, die sowohl im eigenen Rechenzentrum als auch in der Cloud läuft“, erklärt Tewes. Damit positioniert sich Exasol in einem Markt, der laut Schätzungen über 100 Milliarden US-Dollar groß ist.
Strategischer Fokus: Hybrid und Datensouveränität
Nach dem Börsengang im Mai 2020 stand Exasol vor Herausforderungen. Hohe Investitionen in den US-Markt und eine Cloud-native-Strategie führten nicht zu den erhofften Ergebnissen, was zu enttäuschten Wachstumsprognosen und einem negativen EBIT führte. Unter Tewes’ Führung wurde die Strategie geschärft: Statt als „schnellste Datenbank der Welt“ gegen Cloud-Giganten wie Snowflake oder Databricks anzutreten, fokussiert sich Exasol nun auf hybride Umgebungen und Branchen, in denen Datensouveränität entscheidend ist – insbesondere Banken, Versicherungen, Gesundheitswesen und der öffentliche Sektor.
„Wir haben uns gefragt: Wo sind wir erfolgreich, und wo liegen Herausforderungen?“, sagt Tewes. Die Antwort war klar: Kunden, die sensible Daten nicht in die Public Cloud geben wollen oder dürfen, profitieren von Exasols flexibler Lösung. Konkurrenten in diesem Bereich sind vor allem Legacy-Player wie Oracle, Teradata oder IBM DB2, gegen die Exasol mit technischen Vorteilen wie höherer Performance und geringeren Kosten punktet.
Typische Anwendungsfälle und Kunden
Ein prominentes Beispiel ist die Sparkassen-Finanzgruppe, zu deren Kunden die Landesbank Baden-Württemberg und die Finanzinformatik gehören. Diese nutzen Exasol, um Finanztransaktionen zu analysieren, Kreditratings zu erstellen oder Geschäftsprozesse zu optimieren. „Unsere Lösung liefert performante Ergebnisse, die bei großen Datenmengen und komplexen Anfragen entscheidend sind“, erklärt Tewes. Ein weiterer wachsender Anwendungsfall ist die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI). Unternehmen wollen Large Language Models (LLMs) mit ihren Daten kombinieren, um bessere Einsichten zu gewinnen – jedoch in sicheren, überwachten Umgebungen. Exasol arbeitet bereits mit Kunden wie T-Mobile oder Verizon an KI-Workloads und plant 2023 die Unterstützung von GPUs, um die Performance weiter zu steigern.
Vertriebsstrategie und Wachstum
Exasol setzt auf eine Mischung aus direktem Vertrieb und Partnerschaften mit Systemintegratoren, um Bestandskunden zu erweitern (Upsell/Cross-Sell) und Neukunden zu gewinnen. Die Vertriebsstrategie ist stark vertikalisiert, mit einem klaren Fokus auf Banken und Finanzdienstleister. „Wir gehen gezielt zu Veranstaltungen, die unsere Zielgruppe ansprechen, anstatt auf breites Marketing zu setzen“, sagt Tewes. Frühere Sport-Sponsoring-Verträge, etwa mit dem FC Nürnberg, wurden gekündigt, um Ressourcen effizienter einzusetzen.
Das Unternehmen strebt ein mittleres einstelliges Umsatzwachstum an, wobei die Fokus-Branchen deutlich stärker wachsen. Andere Segmente, die in die Public Cloud migrieren, schrumpfen oder stagnieren. Dennoch sieht Tewes Potenzial: „Die geopolitische Lage und die Sorge um Abhängigkeit von US-Hyperscalern treiben die Nachfrage nach europäischen Lösungen.“ Exasol profitiert hier als deutsches Unternehmen von einem wachsenden Interesse an Alternativen zu US-Anbietern.
Finanzielle Perspektiven und Katalysatoren
Exasol ist seit Kurzem profitabel, und die Margen sollen überproportional zum Umsatz steigen. Die Software-Lösung ist hochskalierbar, mit einem großen Fixkostenblock, der bei Umsatzverdopplung nicht proportional mitwächst. „Wenn wir mehr verkaufen, bleibt mehr hängen“, betont Tewes. Neben der Profitabilität sieht er KI als zentralen Wachstumstreiber. „Die Verknüpfung von Data Analytics mit KI wird in den nächsten Jahren ein wesentlicher Faktor sein“, sagt er. Strategische Partnerschaften und die Positionierung in einem sicheren, europäischen Technologie-Stack könnten weitere Katalysatoren sein.
Herausforderungen und Chancen
Die Aktie leidet unter der Unsicherheit am Markt und dem schwierigen Umfeld für deutsche Small-Cap-Unternehmen. Dennoch ist Exasol mit einer soliden Finanzierung und einer klaren Strategie gut aufgestellt. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind bereit, auch in turbulenten Zeiten zu wachsen“, versichert Tewes. Die wachsende Skepsis gegenüber US-Hyperscalern und die steigende Relevanz von KI in der Unternehmenswelt bieten Exasol Chancen, sich als europäischer Player zu etablieren.
Fazit
Exasol ist ein Paradebeispiel für deutsche Hightech-Kompetenz. Mit einer fokussierten Strategie, die auf hybride Umgebungen und Datensouveränität setzt, hebt sich das Unternehmen von Cloud-Riesen ab. Die Kombination aus technischer Exzellenz, Profitabilität und dem Potenzial von KI macht Exasol zu einer spannenden Option für Investoren, die auf europäische Technologie setzen. Wie Tewes abschließend betont: „Wir sind bereit, unseren Weg zu gehen – auch in unsicheren Zeiten.“
Hinweis: Dieser Artikel enthält keine Anlageberatung. Potenzielle Investoren sollten eigene Recherchen durchführen.